Vor gut 25 Jahren erlebte der Mobilfunkmarkt mit der Einführung der ersten SIM-Karten eine erste Revolution, denn die damals etwa scheckkartengroßen SIM-Karten vereinfachten den Umgang mit den klobigen Mobiltelefonen enorm. Mit der Einführung der eSIM, über deren Konzept bereits seit Jahren hinter verschlossenen Türen verhandelt wird, bricht nun eine weitere Umwälzung auf dem Mobilfunkmarkt hervor.
Nachdem der US-Konzern Apple im Oktober 2014 das erste iPad bereits mit einer integrierten SIM-Karte ausgestattet hat, zog der Düsseldorfer Netzbetreiber Vodafone am 11.03.2016 nach und versieht die ersten Smartdevices mit den integrierten Chips, die zukünftig sowohl dem Verbraucher als auch den Anbietern das Leben erleichtern sollen. Den Startschuss gibt Vodafone mit dem Verkauf der Smartwatch Gear S2 classic 3G aus dem Hause Samsung, die damit das erste Seriengerät ist, das hierzulande mit der eSIM-Technologie ausgestattet ist. Die digitale Revolution ist kaum aufzuhalten, doch welche Vor- und Nachteile stehen uns damit ins Haus?
Neue internetfähige Geräte erblicken in immer kürzeren Zyklen das Licht der Technikwelt, sodass es nicht verwunderlich ist, dass Experten davon ausgehen, dass jeder Deutsche bis zum Jahr 2020 mindestens zehn Geräte besitzt, die dazu fähig sind, sich mobil mit dem Internet zu verbinden. Die aktuelle Verfahrensweise im Rahmen derer Mobilgeräte via SIM-Karte mit dem World Wide Web verbunden werden müssen, ist alleine aus baulicher Sicht im Hinblick auf die immer kleiner werdenden Geräte und Wearables technisch kaum mehr aufrechtzuerhalten. Die eSIM lässt dieses Problem unter den Tisch fallen, da es sich um eine sogenannte embedded-SIM, also eine direkt in das Endgerät integrierte SIM-Karte handelt.
Bei modernen Geräten, die über die eSIM-Technologie verfügen, ist es also nicht mehr notwendig, für jedes Gerät eine separate Karte zu erwerben, da die Wahl des Netzbetreibers direkt über das Mobilgerät erfolgt. Der Clou an der Sache ist, dass nach der erstmaligen Aktivierung bei einem Anbieter ein eSIM-Profil im Internet angelegt wird, mit dem sich via Funkverbindung auch andere Geräte wie Tablets, Fitness-Tracker oder die bereits erwähnten Smartwatches mit dem Internet verbinden lassen. In diesem Zusammenhang wirft auch das Internet der Dinge immer größere Schatten voraus, denn zukünftig könnten durch die winzigen Chips sogar Kleidungsstücke ohne großen Aufwand online gehen.
Da das Internet der Dinge aber noch im Aufbau begriffen ist, fokussiert sich der Nutzen der eSIM zunächst verständlicherweise auf des Deutschen liebstes Kind, das Smartphone. Vorbei sind die Zeiten, in denen man mit viel Fingerspitzengefühl, einer verbogenen Büroklammer und der Geduld eines Schweizer Uhrmachers eine Nano-SIM aus dem Smartphone operieren musste, um diese zu wechseln.
Nicht minder nervig, aber in Zukunft ebenso obsolet, ist dank der eSIM fortan das Zuschneiden der SIM-Karte per Nagelschere. Darüber hinaus sind die fest integrierten Chips gleich in doppelter Hinsicht ein Segen, da es nun nicht mehr notwendig ist, eine ganze Hand voll SIM-Karten für die eigenen Mobilgeräte erwerben und die entsprechenden Tarife gesondert verwalten zu müssen. In diesem Zusammenhang dient das Smartphone den Plänen der Hersteller und Mobilfunkanbieter nämlich als Schaltzentrale, die es ermöglicht, das eSIM-Profil zentral zu verwalten und nach Bedarf zu erweitern.
Dieser Aspekt stellt im Gegenzug aber auch den größten Nachteil der eSIM dar, denn mit der Kopplung der SIM an spezifische Geräte und deren Hersteller könnte die Freiheit der Tarifwahl in Zukunft verloren gehen, da die Hersteller der Hardware gleichzeitig die Hüter der Gerätesoftware sind und somit definieren können, welche Mobilfunkanbieter und Tarife ein Kunde auswählen kann. Grundsätzlich kann es allerdings sehr vorteilhaft sein, wenn die Möglichkeit besteht zu einem günstigeren Tarif zu wechseln, beispielsweise um während des Urlaubs auf die Dienste eines lokalen Prepaid-Anbieters zurückzugreifen.
Zudem schwebt über den derzeit in den Startlöchern befindlichen Geräten noch das Damoklesschwert eines noch nicht endgültig festgelegten SIM-Standards, sodass die Kompatibilität zum Beispiel im Hinblick auf einen Betreiberwechsel derzeit noch nicht garantiert werden kann.
Aus sicherheitstechnischer Sicht kann indes Entwarnung gegeben werden, denn die eSIM wird mindesten ebenso sicher sein, wie die herkömmlichen Steckkarten. Überdies setzen die Mobilfunkanbieter im Rahmen der Datenübertragung zwischen den Unternehmensservern und den jeweiligen Endgeräten auf eine asynchrone Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, sodass jedes Endgerät nur das ihm zugewiesene eSIM-Profil entschlüsseln kann.
Der wohl größte Vorteil auf Seiten der Hersteller von internetfähigen Geräten ist zweifelsfrei die erhebliche Platzersparnis auf der hardwaretechnischen Seite, da im Fall der eSIM keine externe Steckkarte mehr in einem mitunter ohnehin bereits vollgestopften Gehäuse untergebracht werden muss. Wirklich funktionale und dabei unauffällige Datenbrillen, Fitnessarmbänder oder auch Kleidungsstücke, die über das Internet beispielsweise Daten wie die Körper- oder Außentemperatur an ein persönliches Gesundheitsprofil übermitteln, rücken damit in greifbare Nähe.
Der Schwarze Peter geht damit im Gesamtkontext gesehen tendenziell in Richtung der Mobilfunkbetreiber, da die Bindung zwischen Kunde und Netzanbieter durch die fehlende Austauschbarkeit der SIM-Karte wiederum gelockert wird.
Zudem folgt aus der Tatsache, dass die entsprechenden Geräte den Nutzer dazu befähigen sollen, das Netz nach Belieben wechseln zu können, dass für die Endkunden eine direkte Vergleichbarkeit in puncto Netzqualität besteht. Dieser Aspekt ist deshalb für die Netzbetreiber von großer Bedeutung, da die Netzqualität für viele Smartphone-Nutzer bereits jetzt einen höheren Stellenwert einnimmt als der letzte eingesparte Euro für einen Handytarif.
Der erhöhte Konkurrenzdruck kann jedoch auch zur Chance werden, der sowohl den Netzbetreibern als auch den Usern hierzulande nützt. Ein direkterer Wettbewerb um die bestmögliche Netzqualität führt nämlich einerseits zu einer Verbesserung der Marktposition der Mobilfunkanbieter, andererseits aber auch zu einem größeren Nutzen für den Kunden.
Mit dem Aufkommen des Internets der Dinge, in dem der Kühlschrank mit dem Server der Discounter-Filiale kommuniziert und das Auto Musik über das Smartphone streamt, wird es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis die klassische SIM-Karte der Vergangenheit angehört. Sofern sich die deutschen Mobilfunkanbieter durch die großen Hersteller, Apple und Samsung, in vertraglicher Hinsicht nicht wie bereits so oft in anderem Zusammenhang geschehen die Butter vom Brot nehmen lassen, ergibt sich in Zukunft eine Win-win-Situation für alle Beteiligten, im Rahmen derer der Konkurrenzkampf der Anbieter in Kombination mit der Flexibilität der Nutzer zu einer deutlichen Verbesserung der Mobilfunkqualität führt.